Mein Mondmädchen

Geburtsbericht

Es war der erste kühle Herbsttag des Jahres. Die Sonne schien wie helles Gold und der Wind war leicht kühl. Genau um 23:58 Uhr des Vortages begann mein Baby zu ,,malen“. Ich ging nachts austreten und sah wie wenig Blut im Ausfluss war. Da war mir ganz klar: Mein so gewünschtes Kind macht sich auf den Weg zu uns. Es begannen leichte Wehen. Ich ging wieder ins Bett und schlief nochmal ein. Um 03:08 Uhr wurde ich wach, die Wehen wurden etwas stärker. Ich ging wieder auf die Toilette und immer noch malte das Baby. Ich versuchte weiter zu schlafen. Doch die Wehen wurden stärker und ließen mich nicht wieder einschalfen. So veratmete ich die noch aushaltbaren Wehen. Neben mir lag mein Hund und jedesmal, wenn eine Welle kam, streichelte ich den kleinen Jagdhund. Sie freute sich über das Streicheln und mich lenkte mich gut ab. 5:30 Uhr hielt ich es im Bett nicht mehr aus. So stand ich auf und ging mich duschen und gründlich zu waschen, als eine Art Vorbereitung für den großen Tag und gleichzeitig gute Ablenkung im Stehen. Gegen 6:20Uhr frühstückte ich etwas Joghurt mit frischen Früchten und trank dazu eine halbe Tasse Kaffee. Ich hatte das Gefühl, ich müsse mich nochmal stärken, obwohl kein großer Hunger da war. Ich zog mich wärmer an. Dann weckte ich meinen Mann und sagte, dass heute die Geburt sein wird und ich Wehen habe. Er schrak auf und fragte, ob ich schon die Doula gerufen habe und ob ich unsere große Tochter schon geweckt hätte. Ich sagte, er soll ruhig bleiben, noch ausruhen und die Große ausschlafen lassen. So tat er es. Um 7:30Uhr erwachte das Haus. Meine Tochter machte sich für den Kindergarten fertig und mein Mann zog sich an und machte Frühstück für sie. Ich ging währenddessen raus in den Garten und spazierte etwas herum. Meine Mama holte dann um 8:00Uhr unsere Tochter ab. Ich bat meinen Mann, das Badefass anzuheizen und dann mit mir in meinen Lieblingswald zu ,,meinen“ Bäumen zu fahren. So sollte es sein. Das Badefass war vorbereitet und wir fuhren gegen 8:30Uhr in den Wald und spazierten dort mit unseren Hunden zu meinen Bäumen. Die Wellen kamen teilweise in regelmäßigen Abständen und teils unregelmäßig. Vor allem, wenn ich unbeobachtet und entspannt war, waren die Wellen sehr wirksam und regelmäßig. Im Wald hielt ich mich nach vorn gebeugt an den Bäumen am Wegrand fest und konzentrierte mich auf meine Atmung. Dann ging ich weiter oder erzählte mit meinem Mann. Angekommen bei meinen Bäumen, ließ mich mein Mann 10 Minuten in Ruhe. So schaute ich hinauf und wusste, dass alles seine Richtigkeit haben wird, egal was heute geschehen wird. Alles wird gut, ich vertraue. Ich hatte vollstes Vertrauen in Mutter Natur und meine Kraft. Auf dem Rückweg rief ich meine Doula an und sagte, sie solle ich 1-2 Stunden entspannt losfahren, es ist soweit, ich hätte Wehen. Sie sagte, sie hätte seit um 3 Uhr nachts nicht geschlafen. Ich dachte nur, welch eine Fügung, denn ab da, konnte auch ich nicht mehr schlafen. Gegen um 10:00 Uhr stieg ich zuhause im Garten in mein so geschätztes Badefass. Bereits die letzten Wochen in der Schwangerschaft badete ich dort jeden späten Abend und entspannte. Das Wasser war angenehm warm. Das tat mir sofort gut. Außerdem hatte ich permanent frische Luft und konnte meine Hunde und Hühner in den Wehenpausen als Ablenkung beobachten, das war mir vertraut und lustig. So hatte ich zwischendurch etwas zum Lachen. Die Wehen wurden stärker und länger. Ich konnte sie gut veratmen. Dabei stellte ich mir tatsächlich Meereswellen an einem Strand vor einem Sonnenuntergang vor. Ich atmete mich auf die Spitze und wurde dann Richtung Strand sanft weggespült. Die Doula traf ca. 10:30Uhr ein. Wir konnten noch kurz erzählen, aber nach 2 Wehen musste ich mich ganz auf das Atmen konzentrieren und konnte/wollte nicht mehr reden. Die Pausen nutzte ich, um mich auszuruhen. Der Muttermund war circa 4 cm geöffnet. Die Doula meinte, es ist super, denn es wird nicht mehr lange dauern. Das überraschte mich, ich rechnete mit vielen Stunden. Die ganze Zeit blieb ich nun im Wasser. Mein Mann und die Geburtsbegleiterin machten sich unsichtbar. Ich wusste, sie sind da, aber ich war allein und fühlte mich unbeobachtet. Sie schauten aus Winkeln, sodass ich sie gar nicht bemerkte. So ging es die nächste Stunde weiter. 11:58Uhr platze meine Fruchtblase. Da ich meine Hand permanent aGeburtsausgang hatte, um das Geschehen zu kontrollieren, spürte ich den Wasserschwall. Plötzlich drückte der Kopf des Babys auf mein Becken, das war deutlich spürbar.
Die gesamte Zeit über bewegte sich mein Baby, ich bemerkte die Tritte nach oben in Richtung Brustkorb, als wenn sie sich abschieben möchte. Es war fantastisch. Ich hatte keine Zweifel an ihrem Wohlergehen. Trotzdem kontrollierten wir kurz die Herztöne, alles war ok. Es war wirklich Teamwork. Nun war das Ziel in Sicht, ich wusste, jetzt kommt die letzte Phase. Im Übergang bat ich um Hilfe. Ich brauchte Halt von Außen. Eine haltende Hand und einen Schluck kühles Wasser. So kam mein Mann und stand vor mir, an ihm hielt sich meine rechte Hand fest. Mit der linken war ich permanent beim Kind, an meiner Vagina. Ich hatte das Bedürfnis zu drücken. Die Doula streichelte kurz meinen Rücken und sagte mir, ich mache das super. Das stärkte mich sehr. Zwischen den Wehen fragte ich sie einmal, was ich machen solle. Sie sagte nur: ,,Atme entspannt ein und aus, um Kraft zu tanken.“
Ich fühlte nun Haare. Ich weinte leicht vor Freude. Nun konnte ich mein Kind schon berühren, das gab mir Motivation. Ich konnte es kaum mehr erwarten. So drückte ich sie innerhalb der nächsten 4- 5 Wehen heraus. Das Köpfchen kam und unmittelbar darauf der ganze Körper. Das war 12:33 Uhr. Alles fiel von mir ab. Ich sah, wie sie nach oben schwamm, die Doula half etwas, sie mir zu geben. Ich hielt sie kurz unter Wasser und sah, wie sie das Gesicht verzog. So rosig und niedlich. Dann hob ich sie heraus. Wir drehten sie kurz um, damit das Wasser aus dem Mund laufen kann. Und dann hielt ich sie an mir mit dem Köpfchen über Wasser. Vor Glück schluchzte ich leicht und redete sofort mit ihr. Ich war überwältigt. Es war einfach so perfekt – ALLES. Liebe floß durch mich und Stolz erfüllte mich. Ein unbeschreibliches Gefühl. So genossen wir die nächsten 10 Minuten. Wir legten ihr einen Lappen über das Köpfchen, damit sie nicht friert, denn der Wind wehte leicht kühl. Dann entschieden wir, abzunabeln, um die Kleine ins Warme zu bringen und meine Blutungen zu kontrollieren, denn im Badefass war das nicht klar zu erkennen. Mein Mann brachte das Baby ins Haus. Ich blieb die nächsten 5 Minuten im Badefass und gebar nach 1-2 Wehen die Plazenta. Sie sah intakt aus, war nur leicht angerissen und blutete. Meine Mutter kam unterdessen mit meiner großen Tochter und die beiden kümmerten sich um unser Neugeborenes. Währenddessen half mir mein Mann und die Doula aus dem Badefass. Ich bekam aufgrund des Temperaturumschwungs und dem verlorenen Blut Kreislaufprobleme. Sie halfen mir bis zum Sofa in Wohnzimmer. Dort wurde ich hingelegt, zugedeckt und mit Brühe, Säften, Traubenzucker und Tees versorgt. Schnell ging es mir besser und ich wollte mein Baby bei mir haben. So lag ich bis zum darauffolgenden Tag eingekuschelt mit meinem Mondmädchen auf der Couch und genoß die Nähe.
Die Geburt meiner kleinen Tochter verändert mich grundlegend. Ich habe an so viel Stärke und Erfahrung gewonnen. Ich hatte viel Zeit davor und habe sie intensiv mit der Vorbereitung auf die Geburt genutzt. Ich las Bücher, besuchte Schwangeren-Yoga bei meiner Doula und den Hypnobirthing Kurs bei Elisa Karpe. Jeden Zweifel, jede Frage und jeden Wunsch erfüllte ich mir im Vorfeld. Ich wollte ganz frei und bestens informiert und vorbereitet diesem großen Ereignis entgegen sehen. Ich hatte eine problemlose und risikofreie Schwangerschaft, ich fühlte mich ausgesprochen gesund und am Tag der Geburt hatte ich die Kraft und das absolute Vertrauen. Im Nachgang empfehle ich Müttern, dass fundiertes Wissen und eine lange Vorbereitung das A und O sind. Der Hypnobirthing Kurs ist wirklich Gold wert. Dort werden alle Themen rund um die Schwangerschaft, die Geburt und das Wochenbett gründlich besprochen. Elisa achtet dabei sehr darauf, dass man alles Wichtige im Kurs ansprechen kann und kontruktiv diskutieren darf. Es war super. Ich bin so dankbar.
Warum Mondmädchen? Mein erstes Baby gebar ich in einer Vollmondnacht und vor der Geburt des zweiten witzelte ich herum, dass dieses Baby dann ein Neumond-Kind werden wird. Und tatsächlich: die zweite Geburt fand in einer Neumondnacht statt.
Hätte mir jemand vor einem Jahr erzählt, ich würde eine Alleingeburt haben, hätte ich ihn für verrückt erklärt. Nach der ersten Geburt in der Klinik, wusste ich eins: Entweder kein zweites Baby mehr oder eine anders verlaufende Geburt.
Ich könnte an dieser Stelle noch so viel über die Schwangerschaft, meine Erfahrungen mit den Ärzten dabei, Ernährung und viele andere Themen sprechen, aber ich habe versucht, mich kurz zu halten. ;)
(Buchempfehlungen: Alleingeburt von Sarah Schmid; Die selbstbestimmte Geburt von Ina May
Gaskin und Meisterin der Geburt von Jobina Schenk)